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1. Tag: Hannoversch Münden bis Bad Karlshafen - 47 km - 4:30 Std.

In Kassel verpassen wir zunächst einmal unseren Anschlußzug, da wir auf der Fahrt durch das Sauerland einige Verspätung eingefahren haben und der Zug so voll ist, daß wir mit dem Gepäck und den Rädern kaum aussteigen können. Hannoversch Münden Gegen Mittag ist es aber geschafft. Leider bleibt dadurch kaum Zeit, sich das hübsche Hannoversch Münden genauer anzuschauen und wir nehmen nur einen kurzen Eindruck von vielen Fachwerkbauten und den romantischen Straßen der Innenstadt mit auf die Reise. Dann geht es los in Richtung Bad Karlshafen, unserem ersten Etappenziel.

Der Weg soll ohne bemerkenswerte Steigungen verlaufen, heißt es im Radwanderführer. Allerdings kommt uns der Anstieg bei Eichhof, direkt hinter Hannoversch Münden, ganz anders vor - es liegt wohl an unserer mangelnden Übung…

Danach stimmt die Beschreibung. Der Weg verläuft recht eben. In Bursfelde lockt uns der Gasthof am Ortsausgang viel mehr als das sicher auch sehenswerte ehemalige Benediktinerkloster und wir entscheiden uns für Kaffee und Kuchen statt für Kultur.

Fähre WahmbeckDer weitere Weg ist so gut ausgebaut, wie man es wohl erwarten durfte bei so viel Lob im Voraus und wir schaffen die Stecke über Oedelsheim relativ flott. Bei Gieselwerder wechseln wir auf die andere Uferseite und genießen kurze Zeit später das sich gegenüber von Bodenfelde aufweitende Wesertal.

Herrliches Wetter, eine wunderschöne Landschaft, der Radweg mitten durch die Felder, was will man mehr? In Wahmbeck geht es dann sehr steil zur Gierseilfähre hinunter (über 20%) und es ist wirklich Vorsicht angesagt, denn die Abfahrt zum Anleger liegt in einer nicht einsehbaren Rechtskurve. Aber letztlich ist es kein Problem auf die kleine Fähre aufzufahren und ganz gemütlich die Weser zu queren.

Noch während der Fahrt rufen wir die Jugendherberge in Bad Karlshafen an und bitten um ein Nachtquartier. Weser kurz vor Bad Karlshafen Ohne Probleme stellt man es uns in Aussicht. Ob das auch die nächsten Tage immer so problemlos geht?

Unsere Freude über die bislang ebenen Fahrwege währt nur kurz, denn nach wenigen Kilometern ist ein dicker Aufwärtspfeil im Kartenmaterial eingezeichnet - und der hat es tatsächlich in sich! Hier ist für ziemlich lang gefühlte 200 Meter nur noch Schieben angesagt! Oben angekommen ist uns richtig warm geworden. Wir haben wirklich ein Konditionsdefizit.

Der Rest sind gute 5 bis 6 Kilometer Schotterweg bis nach Bad Karlshafen und dann liegt die Jugendherberge auch schon direkt vor uns. Das Personal ist sehr freundlich, wir beziehen zu zweit ein Vierbettzimmer und duschen erst einmal. Dann erkunden wir den Ort und essen etwas.



2. Tag: Bad Karlshafen bis Bodenwerder - 70 km - 5:30 Std.

Nach einem guten und ausgiebigen Frühstück sind wir am nächsten Tag wieder unterwegs. In Würgassen nehmen wir die winzige Fähre anstelle der großen Brücke zum Überqueren der Weser. Auf diesem Miniaturgefährt mit der riesigen Deutschlandfahne praktisch direkt mit der Nase auf Höhe des Wasserspiegels zum anderen Ufer zu gleiten, ist uns die zwei Euro Fährgeld allemal wert.

BlankenauUnser nächstes Ziel ist Höxter und der leichte Rückenwind, der herrliche Sonnenschein und die noch angenehmen Temperaturen am frühen Morgen lassen uns rasch vorankommen.

In Wehrden ist Schützenfest und aus dem Bierzelt am Radwanderweg ertönt zünftige Blasmusik zum Frühschoppen. Zünftige Blasmusik? Eigentlich hört es sich an, als sei der gestrige Abend ziemlich lang und bierselig gewesen. Man muß wirklich nicht musikalisch sein, um zu merken, daß in dieser Kapelle jeder seine eigene Interpretation des gerade gespielten Liedes zum Besten gibt. Bis gegenüber von Fürstenberg verfolgt uns der Schall des schaurigen Blasens.

Hätten wir in Wehrden mit der Fähre übergesetzt, könnten wir jetzt nach Fürstenberg hinauffahren und uns die Porzellanmanufaktur ansehen. Angesichts des steilen Anstieges und des wirklich ganz hoch oben thronenden Schlosses sind wir allerdings nicht völlig unglücklich, auf der "falschen" Uferseite geblieben zu sein.JH Holzminden

Gegen 10:00 Uhr erreichen wir Höxter, nachdem wir am Rande des Gondelheimer Freizeitgebietes gefahren sind, in dem scheinbar mehr Wander- und Gastarbeiter in Wohnwagen hausen als Urlauber. Sollen wir nach Höxter in die Stadtmitte? Ja, sicher. Auch hier gibt es bestimmt eine schöne Innenstadt mit vielen Fachwerkhäusern zu bestaunen. Irgendwie finden wir aber nicht die richtige Abfahrt vom Radweg in die Stadt und plötzlich sind wir bereits am Kloster Corvey angekommen - und an der Stadt vorbei. Corvey sieht sehr geschlossen und abweisend aus, aber wir fahren wenigstens einmal drum herum.

Dann geht es weiter nach Holzminden, was ziemlich langweilig ist. Bereits ab Fürstenberg hat sich das Wesertal deutlich verbreitert und die den Fluß begleitenden Höhenzüge sind weiter entfernt. Aber hier, zwischen Höxter und Holzminden, nimmt der Weg einfach kein Ende. Dagegen gefällt uns Holzminden recht gut. Es ist eine Mischung aus alt und neu, die durchaus ihren Reiz hat. Und wer hier am Abend ankommt, sollte sich überlegen, ob er nicht in der Jugendherberge bleiben will, denn diese liegt sehr romantisch direkt an der Weser.

Am Schiffsanleger ReileifzenWir essen nur etwas zum Mittag und machen uns wieder auf den Weg. In Polle steht ein Ausflug zur Burgruine Everstein zur Diskussion. Hier soll Aschenputtel gelebt haben. Nun, die Fähre in Polle fährt heute nicht und damit hat sich auch dieser Anflug von Kultur wieder erledigt und wir fahren weiter nach Reileifzen, wo wir am Schiffsanleger eine gemütliche Pause einlegen.

Eigentlich könnten wir ja von hier mit dem Weserdampfer bis nach Bodenwerder fahren - unserem heutigen Zielort. Das wäre doch auch mal etwas. Aber auch hier haben wir Pech: Die Schiffe fahren heute gar nicht. Wir müssen also weiter in die Pedale treten. In Pegestorf überlegen wir, ob wir nach Hameln weiterfahren oder wirklich in Bodenwerden bleiben wollen. Die Anrufe in den entsprechenden Jugendherbergen ergeben die Entscheidung für Bodenwerder. Bei BirkenhofDort hat man ein Zweierzimmer mit WC und Dusche für uns, in Hameln nur noch ein Massenlager.

In Bodenwerder dann ein übles Erwachen. Die Jugendherberge liegt deutlich oberhalb des Ortes und es ist wieder einmal längere Zeit steiles Berganschieben angesagt. Oben endlich angekommen, ist dort außer uns niemand. Totenstille, nicht einmal die Möglichkeit, unser Gepäck unterzustellen. Erst um 16:00 Uhr öffnet die Rezeption. Also mit Sack und Pack wieder abwärts in den Ort und in einer schattigen Gaststätte am Fluß erst einmal ein Alsterwasser bestellt.

Münchhausenbrunnen in BodenwerderUm 16:00 Uhr dann der zweite Aufstieg des Tages und wirklich, wir erhalten unser zugesagtes Zweibettzimmer. Sonst aber nichts. Kein Abendessen, keine Getränke, einfach nichts. Soll heißen: Wieder abwärts - diesmal allerdings ohne Gepäck - und im Ort gegessen. Als sich schließlich zum Abend ein Gewitter ankündigt, starten wir zum dritten Aufstieg des Tages und erreichen die Herberge quasi mit den ersten dicken Regentropfen.

Wieder ist hier alles absolut still. Es sind durchaus mehr Gäste hier als nur wir zwei, aber niemand läßt sich blicken - was völlig ungewöhnlich ist in einer Jugendherberge. Niemand im Fernsehzimmer, niemand auf dem Balkon, von dem man einen wunderschönen Blick auf die Stadt (und heute auf das Gewitter) hat und niemand im Frühstücksraum. Sehr merkwürdig! Als ich schließlich beim Herbergsvater klopfe und um ein Bier als Schlummertrunk nachfrage, werde ich auch noch höchst unfreundlich angemufft: Außer dem Getränkeautomaten im Flur gäbe es hier nichts. Wenn es in einer Jugendherberge kein Bier gibt, ist das ja OK. Ist eben alles Einstellungssache. Aber muß man deshalb unfreundlich sein, zumal hier wirklich nirgends Streß erkennbar war? So unkommunikativ hatten wir es in noch keiner Herberge…



3. Tag: Bodenwerder bis Hausberge - 80 km - 6 Std.

Auch das Frühstück am nächsten Tag vermittelt uns eher, daß wir lästig sind, als daß wir Gäste gewesen wären. Schade! Also packen wir rasch unsere sieben Sachen und radeln wieder los. Unsere Kondition ist inzwischen deutlich besser geworden und das frühe Aufstehen sorgt für lange, schöne Fahrtage.

Bei bestem Wetter fahren wir in Richtung Hameln. Kurz hinter Grohnde steht auf der linken Flußseite das gleichnamige Kernkraftwerk. HamelnUnd selbst wenn alles still und friedlich wirkt, etwas unheimlich ist uns schon zu Mute, so nach an dieser unberechenbaren Technik entlang zu fahren. Viel schöner ist da Hameln! Wunderschöne Fachwerkhäuser, gepflegte Einkaufsstraßen und Fußgängerzonen, Hameln bietet einen rundum gelungenen Eindruck. Und natürlich nehmen wir uns etwas Zeit für den berühmten Rattenfängerbrunnen und das Rattenfängerhaus.

Hinter Hameln geht es durch eine schöne Wiesenlandschaft immer rechtsseitig entlang der Weser, meist auf einem Damm. Bei RintelnDadurch hat man einen wunderbaren Überblick über das hier recht weite Flußtal. Nach einiger Zeit haben wir Rinteln erreicht und queren dort auf die andere Flußseite. Dann folgt eine Art "Durststrecke": Der Radweg führt über befahrene Straßen, das Wetter ist gnadenlos schön, es gibt nirgends Schatten und wir wollen einfach nur möglichst rasch nach Eisbergen. Vielleicht ist es auf der dann wieder rechtsseitig verlaufenden Route etwas schattiger.

Leider erfüllt sich unsere Hoffnung nicht. Insbesondere die lange Gerade zwischen Veltheim und dem Gemeinschaftskraftwerk zwischen Erder und Möllbergen kommt uns wie eine Fahrt durch die Wüste vor. Als sich dann genau an diesem Kraftwerk zwei Wegalternativen anbieten, wählen wir natürlich diejenige, die durch Wald zu verlaufen verspricht. DurststreckeWir folgen also dem linken Weg über Uffeln.

Allerdings ist auch dieser Weg nicht wirklich schattig und wir entscheiden uns, die Route abzukürzen. Kurz vor Uffeln biegen wir einfach rechts ab, fahren durch den Vennebecker Bruch, queren die Autobahn und landen in Hitzepohl. Wir hätten den Ortsnamen heute auch ohne "h" schreiben können, es wäre glaubhaft gewesen. Von dort geht es ziemlich geradewegs nach Hausberge, wo wir wieder in der Jugendherberge übernachten wollen.

Was für ein Unterschied! So übellaunig die Atmosphäre in Bodenwerder war, so freundlich und aufgeschlossen ist man hier! Die Jugendherberge ist gerade renoviert worden und die Zimmer sind in einem hervorragenden Zustand. Ebenso steht es um die Sanitäreinrichtungen und die Gemeinschaftsräume. Alles ist vom Feinsten! Auch der Kiosk, in dem wir gar nicht nach einem Alsterwasser fragen müssen, nein, wir werden vom Personal auf die umfangreiche Verkaufsliste hingewiesen, falls wir uns erfrischen möchten, und erhalten noch den Hinweis, daß wir jederzeit läuten könnten, um das Personal zu rufen und etwas zu erhalten. Auch werden wir wie selbstverständlich gefragt, ob wir am Abendessen teilnehmen möchten. Es gibt Pizza und leckere Salate. Da sagen wir natürlich nicht nein!